Förderpreis Rheinhessische Geschichte

Förderpreis Rheinhessische Geschichte 2016 für zwei Mainzer kulturanthropologisch/volkskundliche Abschlussarbeiten

Unter den insgesamt elf Preisträgern des von der Arbeitsgemeinschaft Rheinhessischer Heimatforscher e.V. ausgeschriebenen und vom Kulturfonds Peter E. Eckes finanzierten Förderpreises „200 Jahre Rheinhessen“, der im Oktober 2016 in Worms vergeben wurde, befinden sich auch zwei Absolventen der Mainzer Kulturanthropologie/Volkskunde.


Ina Kuhn M.A. und Martin Koch B.A. am 28.10.2016 bei der Preisverleihung in Worms, Foto: privat

Als langjährige Besucherin des Ingelheimer Eurofolk Festivals hat Ina Kuhn es sich in ihrer Masterarbeit 2016 zur Aufgabe gemacht, die Entstehungsgeschichte und Entwicklung des ältesten heute noch stattfindenden Folkfestivals Deutschlands in Form einer dichten Beschreibung nachzuzeichnen. Die forschungsleitenden Fragen unter dem Titel „Aufbruch, Freiheit, Selbstbestimmung – zu Kontinuität und Wandel des Ingelheimer Eurofolk Festivals“ zielen auf die Untersuchung des Funktions- bzw. des Charakterwandels des Festivals seit seiner erstmaligen Ausrichtung im Jahr 1972 ab. Um sich rund fünfundvierzig Jahren bis dato wissenschaftlich unbehandelter Festivalgeschichte zu nähern, wurde umfangreiches Quellenmaterial aus dem Ingelheimer Stadtarchiv sowie Materialien aus privaten Beständen herangezogen und qualitative Interviews mit dem Festivalinitiator Uli Holzhausen, Gründungsmitglied Stephan Bock und dem heutigen Festivalveranstalter Carsten Jens geführt. Der Einsicht und der Auswertung der Interviews, zahlreicher Programmhefte, Flyer, Polizeiberichte, Zeitungsartikel und Ähnlichem folgte die Erkenntnis: Das Festival ist mit der Zeit gegangen und seine Geschichte spiegelt damals wie heute verschiedene gesamtgesellschaftlich relevante, sozio-kulturelle Prozesse wider.

Martin Koch hat 2016 seine Bachelorarbeit mit dem Titel „Einsätze erinnern. Erzählungen Freiwilliger Feuerwehrleute einer Rheinhessischen Wehr“ vorgelegt. Selbst Mitglied einer Freiwilligen Feuerwehr hat er fünf seiner Kamerad_Innen interviewt und festgehalten, wie diese erzählerisch mit vergangenen Einsätzen umgehen. Eine zentrale Beobachtung ist, dass es nicht die eine Art gibt, von Einsätzen zu erzählen. Stattdessen sind ihm die Ereignisse vom nüchternen Tatsachenbericht über die sagenhafte Geschichte bis zur Erzählung mit einem märchenhaften Ausgang in vielfältiger Weise geschildert worden. Beim Vergleich der Erzählungen vom ersten Einsatz, der in der Arbeit besondere Berücksichtigung findet, da durchweg von allen erinnert, tritt dieses Phänomen deutlich hervor. Ein weiterer wichtiger Schritt der Analyse war das Herausstellen der „Funktion des Erzählens“ (Albrecht Lehmann). Die Feststellung, dass die Erzählungen oftmals eine sedative Funktion erfüllen, d.h. ein seelisches Gleichgewicht wiederherstellen, zeigt die enorme Wichtigkeit der von Außenstehenden häufig argwöhnisch betrachteten Geselligkeit der dörflichen Wehr.