zur Anerkennung der wissenschaftlichen Arbeit von Miriam Braun zu den Inhalten, Strukturen und Funktionsweisen der Karlsbader Zeitung
Auch wenn die sogenannten Heimatzeitschriften der ehemaligen Deutschen aus dem östlichen Europa häufig als Quelle für volkskundliche Forschungen genutzt wurden und werden, bildeten sie selber bisher selten den zentralen Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen. In ihrer Masterarbeit mit dem Titel „Die Karlsbader Zeitung – eine volkskundlich/kulturanthropologische Analyse der Inhalte, Strukturen und Funktionen einer Heimatzeitung“ (Betreuung: Jun.-Prof. Dr. Sarah Scholl-Schneider) näherte sich Miriam Braun dieser Forschungslücke an, indem sie beispielhaft die Karlsbader Zeitung von ihrer ersten Ausgabe 1964 bis 1994 betrachtete und ihre Struktur sowie ihre Inhalte vor dem jeweiligen historisch-aktuellen Hintergrund deutete.
Braun kam in ihrer Analyse von insgesamt 85 Gesamtausgaben, die die Ausgaben aller Erscheinungsmonate gleichwertig in Betracht zog, zu drei zentralen Funktionsbereichen der Heimatzeitschrift: Zum einen deutete sie die Karlsbader Zeitung als „virtuelle Heimat“, da in ihr regionalkulturelle Gemeinschaftsstrukturen in das Medium hinein verlagert und damit das gemeinschaftliche Zusammenleben der ehemaligen Karlsbader virtuell zu erhalten versucht wird. Dabei werden historisch gewachsene Heimatbilder reproduziert und instrumentalisiert, nicht zuletzt indem Heimat selbst zum gruppenstrukturierenden Wert innerhalb der durch die Zeitschrift geschaffenen Gemeinschaft avanciert.
Zum anderen zeigt sich die Erinnerung als weiterer zentraler Themenkomplex, welcher über die betrachteten Erscheinungsjahrgänge hinweg eine Rolle spielt. Während die die Auswahl sowie die Art und Weise der historischen und persönlich-kulturellen Erinnerungen in den ersten Jahrgängen der Zeitschrift noch politisch motiviert in Erscheinung tritt, rückt diese Art der Erinnerung sukzessive in den Hintergrund. Währenddessen werden private und nostalgische Erinnerungen an das ehemalige Karlsbad, meist aus Kindertagen, allmählich bedeutsamer und stellen ab dem Ende der 1980er Jahre den Hauptteil der Bearbeitung der Erinnerung an die gemeinsame Vergangenheit.
Als dritte Funktion der Karlsbader Zeitung stellt Braun den Netzwerkaspekt in den Vordergrund. Denn nicht nur die ehemaligen Karlsbader werden in ihren regionalen Strukturen durch die Zeitschrift zusammengeführt. Das Medium wird ebenso dazu genutzt, Kontakte zur Patenstadt Wiesbaden, den neuen bundesdeutschen, den ehemaligen böhmischen und tschechischen Nachbarn zu knüpfen und zu pflegen.
Der Preis der Adolf-Klima-Stiftung wird jährlich von der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und der Künste verliehen und fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler, die entweder sudetendeutscher Abstammung sind oder sich mit wissenschaftlichen beziehungsweise künstlerischen Problemen des Themas befassen.