Masterprojekt „50 Jahre Feldforschungskritik?“

„Ich verabscheue Reisen und Forschungsreisende“ – 50 Jahre Feldforschungskritik?

Projektbeschreibung und -ziele des laufenden Projekts:

„Ich verabscheue Reisen und Forschungsreisende.“ Dieser Satz von Claude Lévi-Strauss (1908-2009) gehört wohl zu den bekanntesten Aussprüchen der Ethnologiegeschichte. Er ist aber auch einer der ambivalentesten, leitet er doch den populären Feldforschungsbericht "Traurige Tropen" ein, der seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1955 mehrere Generationen von Kulturanthropologinnen und Kulturanthropologen begleitet und geprägt hat.

Als ebenso einschneidend für das fachliche Selbstverständnis können die Tagebücher von Bronislaw Malinowski (1884-1942) gelten, deren posthume Publikation sich in diesem Jahr zum 50. Mal jährt. Auch wenn die inhaltliche Brisanz erst Jahrzehnte später wirklich zur Entfaltung kam, kann man hier doch von einem wichtigen Ausgangspunkt der "Krise der Ethnologie" (und somit auch der Feldforschung) sprechen, die dann in den 1980er-Jahren im Rahmen der "writing culture"-Debatte auch fächerübergreifend größere Bekanntheit erlangte.

Im Rahmen des "Kleinen Projektes" sollen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nun mit selbst ausgewählten "klassischen" oder auch neueren Feldforschungsmonographien beschäftigen. Das bedeutet neben der intensiven Lektüre des Primärtextes auch dessen wissenschafts- und zeitgeschichtliche Kontextualisierung anhand von Sekundärliteratur. Das Ziel ist dabei, das eigene Wissen über methodische wie theoretische Entwicklungen und Probleme der ethnographischen Praxis zu vertiefen, gehört sie doch zu den zentralen Methoden unseres Faches. Darüber hinaus sollen Erfahrungen im wissenschaftsjournalistischen Arbeiten gesammelt werden.

Denn um die Auseinandersetzung zielgerichteter gestalten zu können, sollen sowohl wichtige Aspekte der jeweiligen Monographien als auch die Intentionen der Autoren im Stile maximal 15-minütiger Radio-Features zusammengefasst werden. Ein konkreter (und empfehlenswerter) Orientierungspunkt in Sachen Form und Gestaltung bietet die bekannte Hörfunksendung ZeitZeichen des WDR. Während des Seminars werden die Drehbücher für die Features kleinschrittig erarbeitet und gemeinsam entwickelt. Deren Präsentation steht dann am Ende des Projektes. Inwiefern es möglich sein wird, diese Skripte auch technisch umsetzen und z.B. als Podcasts einer interessierten Hörerschaft zur Verfügung stellen zu können, kann derzeit noch nicht abschließend gesagt werden.