Gastvortrag: Ästhetik, Geschlecht und Körper in der Populärkultur – Festivals, Szenen und ihre Aushandlungsprozesse; Referentin: Nikola Nölle
Dozent:innen: N.N.Kurstyp: Vortragsreihe
Inhalt
„So heiß und sexy ist das Grufti-Treffen“, titelte die BILD-Zeitung vor einigen Jahren zum jährlichen Wave Gotik Treffen (WGT) in Leipzig, dem größten Gothic Festival in Deutschland. „Vor allem die Ladies zeigen auch in diesem Jahr wieder viel Haut und tolle Kostüme“, heißt es weiter, gefolgt von einem Video, dass das WGT von seiner besonders freizügigen und weiblichen Seite zeigen soll. Zwar ist die tatsächliche Erfahrung des Leipziger Festivals weniger sexualisiert aufgeladen, trotzdem sind Rekurse auf Geschlecht und damit verbundene Ordnungen omnipräsent und werden nicht nur in den aufmerksamkeitsorientierten Medien verhandelt. Besonders im Festivalraum selbst manifestieren sich permanent kollektive Bewertungs- und Aushandlungsprozesse, die auf die Vorstellung von Geschlecht zielen: sei es in informellen Gesprächen zwischen Biertresen und Konzerthalle, einem kurzen abwertenden Blick in Richtung Netzstrumpfhose oder den zahlreichen Fotograf_innen, die Lack und Leder-Kleidung und ihre Träger_innen fokussieren. Die Konstruktion geschlechtlicher Ordnungen ist dabei gekoppelt an ästhetische Praktiken, die die Gothic Szene, wie sie sich hier in Leipzig in einem ihrer spezifischen Events zeigt, selbst performativ und diskursiv hervorbringen. Auf der Grundlage ethnographischer Forschung auf den drei großen Gothic-Festivals in Deutschland, sowie Interviews mit ihren Besucher_innen, stellt der Vortrag Fragen nach der Performanz von Geschlecht und Ästhetik. Wie werden Bedeutungen hinsichtlich der Stilisierung und Inszenierung von geschlechtlichen und ästhetisierten Körpern im Festival verhandelt? Welche Rolle spielen dabei spezifische, szeneeigene Vorstellungen von Geschlecht? Und inwiefern haben der kulturindustrielle Rahmen der Festivals, wie auch populärkulturelle Ästhetisierungsprozesse Einfluss auf jene Prozesse? Basis des Vortrags ist die Annahme, dass die Praktiken der Aushandlung, Umdeutung und Verschiebung von Geschlecht und Ästhetisierung grundsätzlich hybrid, ambivalent und polyvalent sind. Sie lassen sich – thesenhaft formuliert – in verschiedene (popkulturelle) Ebenen ausdifferenzieren und schaffen damit performative Angebote, die wiederum sinnstiftend auf die Festival-Szene wirken.Die Ergebnisse sind Teil des DFG-Forschungsprojekts „Doing Popular Culture. Zur performativen Konstruktion der Gothic-Szene“ am Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Termine
Datum (Wochentag) | Zeit | Ort |
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28.05.2019 (Dienstag) | 18:15 - 19:45 | 02 425 P203 1141 - Philosophisches Seminargebäude |